BTV Anlagestrategie im 3. Quartal

Im vierteljährlichen Rhythmus werden im BTV Asset Management die Leitplanken für die Portfolio-Allokation festgelegt. Hierzu wird im ersten Schritt der konjunkturelle Ausblick für die nächsten drei bis sechs Monate erarbeitet, das sogenannte Basisszenario. Davon ausgehend wird im zweiten Schritt die Positionierung in den einzelnen Anlageklassen diskutiert und für das folgende Quartal festgelegt.

Wirtschaftsumfeld bleibt herausfordernd

Das Wirtschaftsumfeld wird auch in den nächsten Monaten herausfordernd bleiben, denn die Rohstoffknappheit, Lieferengpässe, geopolitische Unsicherheiten sowie die hohe Inflation werden sich laut BTV Einschätzung nur nach und nach abschwächen. Insbesondere aufgrund der Energieknappheit und der starken Abhängigkeit Europas von russischem Gas erwarten wir in der Währungsunion eine anhaltende Versorgungsunsicherheit und können auch eine weitere Verknappung nicht ausschließen. Aus diesem Grund prognostizieren wir für die Eurozone gegen Jahreswechsel einen kurzfristigen Rückgang der Wirtschaftsleistung.

 

In den USA entfällt zwar die Energieunsicherheit, dort führen aber vor allem die gestiegenen Zinserwartungen zu einem deutlich schwächeren Wachstumsausblick. Für das Gesamtjahr 2022 erwarten wir in der BTV dennoch ein positives Wirtschaftswachstum leicht unterhalb des Trendwachstums. Die Hauptgründe für diesen Ausblick sind Konsum- und Investitionsausgaben, die aufgrund der hohen Ersparnisse, eines gut ausgelasteten Arbeitsmarktes bzw. hoher Cash-Bestände weiterhin möglich sind. Dies ist auch der Grund, weshalb die Inflation im aktuellen Umfeld besser als in der Vergangenheit verkraftbar sein dürfte.

 

Dennoch werden Konsum und Investitionstätigkeiten im weiteren Zeitverlauf durch den Kaufkraftverlust und die gestiegenen Finanzierungskosten nach und nach abnehmen. Die globale Wachstumsdynamik dürfte sich damit 2023 zwar weiter abschwächen, eine tiefe Rezession sollte aufgrund des soliden Wirtschafts- und Währungssystems aber ausbleiben.

Die nachfolgende Grafik zeigt die aktuelle Gewichtung im BTV Asset Management:

Aktien
Reduktion auf Halbinvestment

2022 zeigt sich an den Aktienmärkten bisher als sehr turbulentes Jahr. Die hohen Inflationsraten, steigende Leitzinsen, Lieferengpässe sowie die Rohstoffknappheit führten zu einem starken Rücksetzer seit Jahresanfang. An den Finanzmärkten macht sich die erhöhte Unsicherheit über eine gestiegene Volatilität bemerkbar.

 

Im BTV Asset Management wurde deshalb entschieden, die Aktienquote auf Halbinvestment zu reduzieren. Trotz des schwierigen Wirtschaftsumfelds, geprägt durch Zinsanstiege sowie Inflationsrisiken, gelten Aktien zwar weiterhin als vergleichsweise attraktivste Anlageklasse, die wirtschaftlichen Risiken sind zuletzt aber nochmals deutlich angestiegen. Ein positives Wirtschaftswachstum auf Jahressicht sowie solide aufgestellte Unternehmen mit moderat wachsenden Gewinnen sollten am Aktienmarkt laut BTV Einschätzung aber für etwas Erholungspotenzial sorgen.

 

Durch die strenge Kostenkontrolle der Unternehmen sowie die Möglichkeit, die Inflation an die Konsument*innen weiterzugeben, können Aktien auch als gewisser Inflationsschutz gesehen werden. Als die größten Risiken für den Aktienmarkt gelten ein stärker als erwarteter Zinsanstieg durch den Inflationsdruck sowie eine weitere Energieverknappung in Europa. Die weiteren Entwicklungen werden genau im Blick behalten und die Aktienquote bei Bedarf erneut angepasst. Aufgrund der gestiegenen Wirtschaftsrisiken für Europa wurde das US-Gewicht zulasten Europas weiter erhöht, da der US-Markt in unruhigen Zeiten als stabiler gilt und sich aufgrund der geografischen Distanz sowie den geringeren wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland vom Krieg in der Ukraine weniger beeinflusst zeigt.

 

Japanische Aktien bleiben weiterhin untergewichtet und die neutrale Gewichtung der Schwellenländeraktien mit einem regionalen Schwerpunkt auf Asien bleibt ebenfalls bestehen. Durch eine gezielte Sektorenallokation im Aktiensegment können Inflations- bzw. Konjunkturrisiken weiter reduziert werden. Value-Titel profitieren von steigenden Zinsen und die Ausrichtung auf defensivere Sektoren bietet den Vorteil, dass sich diese weniger konjunktursensibel zeigen.

 

Anleihen
Weniger Kreditrisiko im steigenden Zinsumfeld

Die historisch hohen Inflationsraten haben den Handlungsdruck auf die großen Notenbanken zuletzt erhöht. Die US-Notenbank Fed wird ihren Zinsanhebungspfad im 2. Halbjahr fortsetzen und dürfte bis Jahresende einen Leitzins von 3,3 % erreichen. Die EZB startete mit ihrem Zinsanhebungszyklus erst im Juli, bis Jahresende werden weitere Anhebungen von insgesamt knapp 100 Basispunkten erwartet, was in einem Leitzinssatz von ca. 1,5 % bzw. einem Einlagezinssatz von ca. 1 % resultieren würde. Um den Handlungsspielraum zu erhöhen, das heißt die Zinsen etwas stärker anheben zu können, hat die EZB die Möglichkeit sogenannter „Stabilitätskäufe“ schon angekündigt. Im Zuge dessen kann die EZB Staatsanleihen der Euro-Peripherie ankaufen, um einen zu starken Zinsanstieg in ökonomisch schwächeren Volkswirtschaften zu verhindern.

 

Durch die Maßnahmen der großen Notenbanken Fed und EZB werden sich die Zinskurven nach BTV Einschätzung leicht abflachen, da kurzfristige Zinsen stärker steigen werden als langfristige. Einen Großteil der Renditeanstiege sollte allerdings bereits hinter uns liegen. Die Duration (durchschnittliche Laufzeit) im Anleiheportfolio bleibt mit ca. 5,5 Jahren im kurz- bis mittelfristigen Bereich, um von höheren Zinsen zu profitieren und das Zinsrisiko zu begrenzen. Von den höheren Zinsen sowie von den schwächeren Wachstumserwartungen stärker betroffen zeigen sich riskantere Anleihesegmente. Auch wenn sich die Risikoaufschläge von Hochzins- sowie Schwellenländeranleihen in den vergangenen Monaten bereits spürbar ausgeweitet haben, besteht das Risiko weiterer Anstiege. Zusätzlich dazu ist die Ausfallwahrscheinlichkeit aufgrund der höheren Finanzierungskosten bei Hochzinsanleihen angestiegen. Ebenfalls verschlechtert hat sich der Ausblick für EUR-Finanznachranganleihen.

 

Auch wenn die Kapitalausstattung europäischer Banken weiterhin sehr gut ist, werden die Kreditausfallrisiken durch das höhere Zinsniveau ansteigen. Europäische Banken leiden damit unter den höheren Risikokosten in Form von notwendigen Rückstellungen mehr als sie von höheren Zinserträgen profitieren. Im BTV Asset Management wurde daher beschlossen, den Anteil an Hochzinsanleihen sowie EUR-Finanznachranganleihen zu Gunsten von EUR-Unternehmensanleihen guter Bonität (Investment Grade) zu reduzieren. EUR-Unternehmensanleihen guter Bonität bieten ebenfalls ein attraktives, wenn auch geringeres, Renditeniveau, mit deutlich besserem Absicherungspotenzial zum Aktieninvestment.

 

Alternative
Geringeres Preispotenzial bei Rohstoffen

Das Preispotenzial im Rohstoffsegment wird kurzfristig durch die abnehmende Wirtschaftsdynamik begrenzt, weshalb die Quote von Voll- auf Dreiviertelinvestment reduziert wurde. Bei Energierohstoffen ist bereits eine abnehmende Nachfrage erkennbar, was das Angebotsdefizit speziell am Ölmarkt in den kommenden Monaten entspannen sollte. Auch Industriemetallpreise dürften in den kommenden Monaten trotz des knappen Angebots weiter unter dem schwächeren Wirtschaftsausblick leiden, auch wenn der langfristige Aufwärtstrend intakt bleibt.

 

Der „sichere Hafen“ Gold wird nach BTV Einschätzung gefragt bleiben, die bevorstehenden Zinsanstiege sowie der starke US-Dollar werden das Preispotenzial aber begrenzen. Gestützt wird Gold durch die hohe Inflation sowie durch Marktverwerfungen rund um den Krieg in der Ukraine. Zusätzlich zu unserem Rohstoffinvestment runden alternative Absicherungsstrategien und stabile Ertragsbringer das Portfolio ab und sorgen für ein stabiles Gegengewicht zum Aktieninvestment.

 

  • Die in diesem Beitrag verwendeten Fach- und Finanzbegriffe werden unter btv.at/glossar ausführlich erklärt.

    Quelle: BTV; Stand: 09.08.2022. Die Beiträge in dieser Publikation dienen lediglich der Information. Die BTV prüft ihr Informationsangebot sorgfältig. Dennoch bitten wir um Verständnis, dass wir diese Informationen ohne Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität zur Verfügung stellen. Verleger und Verfasser behalten sich einen Irrtum, insbesondere in Bezug auf Kurse und andere Zahlenangaben, ausdrücklich vor. Durch neue Entwicklungen oder kurzfristige Änderungen können diese Informationen daher bereits überholt sein. Bei Prognosen und Schätzungen über die zukünftige Entwicklung handelt es sich lediglich um unverbindliche Werte. Von diesen kann nicht auf die tatsächliche künftige Wertentwicklung geschlossen werden, weil zukünftige Entwicklungen des Kapitalmarktes nicht im Voraus zu bestimmen sind. Bei diesen Informationen handelt es sich um keine individuelle Anlageempfehlung, kein Angebot zur Zeichnung bzw. zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Bitte beachten Sie, dass ein Investment mit Risiken verbunden ist.