Was Investor*innen jetzt gegen die Inflation unternehmen können

Mit welchen Adjektiven man die Inflation derzeit auch immer bezeichnen möchte, „transitory“ ist sie wohl eindeutig nicht mehr. Wir haben uns Strategien angesehen, wie Anleger*innen gegen Inflationsrisiken vorgehen können.

Starker Inflationsanstieg beschäftigt Marktakteure

Die steigenden Verbraucherpreise beschäftigen uns nun schon seit Anfang letzten Jahres und wurden in den vergangenen Monaten auch im täglichen Leben immer stärker spürbar. Monatelang hielten Notenbanken an der Überzeugung fest, die hohen Inflationsraten seien nur vorübergehend und erforderten keinen akuten Handlungsbedarf. Mit 5,9 % in der Eurozone und 7,9 % in den USA erreichten die Raten aber im Februar erneut historisch hohe Werte. Es handelt sich damit aktuell um eine Inflation, die deutlich über dem Zielniveau der Zentralbanken von 2 % liegt und für die Wirtschaftsleistung damit nicht mehr als förderlich gilt.

Nachfrage- und angebotsgetriebene Inflation

Getrieben wird die Inflation nicht nur von der Nachfrageseite, sondern insbesondere auch von der Angebotsseite. Die höhere Nachfrage ist vor allem auf den Konsum zurückzuführen, der sich aufgrund der Lockdown-Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie aufgestaut hat. Durch fiskalpolitische Stimulusmaßnahmen stehen den Haushalten sowie den Unternehmen höhere Barbestände zur Verfügung, wodurch die Nachfrage zusätzlich angetrieben wird.

 

Die hohe Nachfrage steht allerdings einem knappen Angebot gegenüber. Unter dem ständigen Rauf- und Runterfahren der Wirtschaftsaktivität hat das Angebot stark gelitten, die schnelle Erholung der Nachfrage nach dem Lockdown war für die Industrie kaum vorherzusehen und traf sie unvorbereitet. Vor allem die Knappheit an Rohstoffen sowie elektronischen Vorprodukten führte zu einem Angebotsdefizit im Industriesektor.

 

Der Krieg in der Ukraine hat Ängste um Versorgungsengpässe bei Rohstoffen, insbesondere im Energiesektor, schließlich weiter verschärft. Vor allem in den USA, aber auch in Europa schlagen die höheren Inputkosten auf den Rest der Wirtschaft nach und nach durch. Der Anstieg der Immobilienpreise hat sich weiter fortgesetzt und auch am Arbeitsmarkt setzt sich das höhere Preisniveau in Form von höheren Löhnen schrittweise durch.

Langfristig höhere Inflationsniveaus erwartet

In der BTV gehen wir davon aus, dass die aktuellen Inflationsniveaus in diesem und im kommenden Jahr nach und nach zurückgehen. Ein Zurückkommen der Energiepreise auf nachhaltigere Niveaus, eine Entspannung in der Lieferkettenproblematik sowie das Abflauen der Nachholeffekte durch die Pandemie sollten hierzu beitragen. Dennoch muss 2022 und 2023 noch mit Inflationsraten über dem Zielniveau von 2 % gerechnet werden. Auch langfristig wird eine Inflation erwartet, die über den Rekordtiefs der vergangenen Jahre zu liegen kommen sollte, wofür es mehrere Gründe gibt:

  • Rückgang der Globalisierung: Die jüngst zunehmenden Autonomiebestrebungen der großen Industrieregionen sowie die Lieferkettenproblematik während der Pandemie haben zuletzt zu einer Stagnation bzw. sogar einem leichten Rückgang der Globalisierung geführt. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, wodurch auf globaler Ebene mit einem Rückgang der Produktivität und einem Anstieg der Verbraucherpreise zu rechnen ist.
  • Bekämpfung der Ungleichheit: In den Industriestaaten sind Bestrebungen angestiegen, die Einkommensschere zu verringern. Höhere Mindestlöhne sowie bessere Zugänge zum Arbeitsmarkt dürften das Preisniveau tendenziell leicht steigen lassen.
  • Erneuerbare Energien: Fossile Brennstoffe sollen im Zuge der Energiewende durch ein höheres Preisniveau unrentabler werden und Investitionen in erneuerbare Energien anregen. Zumindest in den ersten Jahren führt dies zu einem höheren Preisniveau.
  • Inflationserwartungen: Höhere Rohstoffpreise, die insbesondere durch ein knappes Angebot ausgelöst wurden, haben in der Vergangenheit auch längerfristige Inflationserwartungen ansteigen lassen. Dies dürfte sich auch in der Inflationsentwicklung niederschlagen.

Allerdings steigt durch die fortschreitende Digitalisierung gleichzeitig die Produktivität weiterhin stark an. Das bedeutet, es können mehr Güter von besserer Qualität in derselben Zeit zu günstigeren Preisen produziert werden. Der technologische Fortschritt stellt damit ein starkes Gegengewicht zu den oben beschriebenen inflationstreibenden Faktoren dar. Summiert man die einzelnen Effekte, dürfte die Inflation der Eurozone langfristig um 2,00 % und die US-Inflation bei 2,75 % zum Liegen kommen.

Anlagemöglichkeiten zur Inflationsabsicherung

In der BTV gehen wir zwar davon aus, dass die historisch hohen Inflationsraten im Laufe des Jahres zurückgehen werden, aber dennoch sind die Inflationsrisiken in den vergangenen Wochen angestiegen. Für Investor*innen macht es deshalb Sinn, sich über Anlagemöglichkeiten zur Inflationsabsicherung Gedanken zu machen.

 

Sachwerte als Klassiker
In der BTV beurteilen wir sogenannte Sachwerte als eine Möglichkeit, sich gegen eine hohe Inflation abzusichern. Sachwerte besitzen einen physischen, realen Wert und umfassen beispielsweise Immobilien und Rohstoffe, aber auch alternative „Anlagemöglichkeiten“ wie Wein oder Oldtimer. Rohstoffe gelten als knappes Gut und bieten Werterhalt, da sie in der Wirtschaft – unabhängig von aktuellen Wirtschaftstrends – immer eine Anwendung finden. Immobilien hingegen liefern beständige Erträge in Form von Mieteinnahmen, die sich an die Inflation anpassen lassen.

 

Auch Aktien können gegen eine hohe Inflation schützen
Einen gewissen Inflationsschutz bieten auch Aktien. Allerdings gilt es hier, selektiv vorzugehen und das Unternehmen, sein Businessmodell sowie den Geschäftsbericht genau unter die Lupe zu nehmen.

 

Qualitätsaktien als solides Investment
Qualitätsaktien eignen sich gut als Inflationsschutz, denn die Unternehmen zeichnen sich durch eine solide Bilanz, stabile Cashflows sowie starke Wettbewerbsvorteile aus. Dadurch gelingt es, höhere Inputkosten fast vollständig in Form von höheren Verkaufspreisen an Kund*innen weiterzugeben.

 

„Hidden Champions“ während erhöhter Inflation sinnvoll
Als ein ebenfalls geeignetes Investment in Zeiten erhöhter Inflation gelten sogenannte „Hidden Champions“, wobei es sich hier um Familienunternehmen mit im Schnitt höheren Eigenkapitalquoten handelt. Durch eine geringere Verschuldung sind sie in weiterer Folge weniger stark von steigenden Zinsen benachteiligt. Zudem haben sie üblicherweise einen hohen Spezialisierungs- und Innovationsgrad und können sich dadurch von Massenproduzenten und deren günstigen Produktionskosten abheben. Dadurch gelingt es ihnen, Preissteigerungen besser an die Endverbraucher*innen weiterzugeben.

 

Valuetitel profitieren von steigenden Zinsen
Als dritte Kategorie im Aktiensegment fassen wir in der BTV Value- bzw. Dividendentitel ins Auge. Unter Value-Aktien werden tendenziell Unternehmen aus einem alten Gewerbe wie Telekommunikation, Banken oder Versicherungen verstanden, die zwar ein geringeres Wachstum aufweisen, dafür aber weniger konjunktursensibel sind und damit von steigenden Zinsen sogar profitieren können. Außerdem zahlen sie in der Regel eine höhere Dividende, was als zusätzliche Einnahmequelle gesehen werden kann. Hierbei sind Unternehmen bestrebt, eine kontinuierliche Dividendenpolitik zu verfolgen, also die Dividende über die Jahre stetig wachsen zu lassen. Dies gilt als Zeichen einer guten Unternehmensführung sowie eines erfolgreichen Wirtschaftens und ermöglicht damit ebenfalls einen guten Inflationsschutz.

Ihre BTV Betreuerin bzw. Ihr BTV Betreuer hilft Ihnen gerne weiter, um für Sie die optimale Auswahl unter diesen Investitionsmöglichkeiten zum Absichern der Inflationsrisiken zu treffen.

Ein blaues Heft mit der Aufschrift Weitsicht spiegelt sich im Fenster, dahinter liegen weitere Exemplare vom Heft

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Die aktuelle Spezialausgabe beschäftigt sich mit der historischen Entwicklung der Inflation und zieht Parallelen zur Entwicklung der Gegenwart. Wir beleuchten den Begriff „Greenflation“ und analysieren, ob die Energiewende in den kommenden Jahren inflationstreibend wirken wird.

 

Lesen Sie außerdem, wie Anleger*innen und Unternehmer*innen mit höheren Inflations- und Zinsniveaus umgehen können und welche Instrumente wir zur Absicherung empfehlen.

  • Inflationsabsicherung
    Was Investor*innen jetzt gegen die Inflation unternehmen können
  • Greenflation
    Energiewende als Inflationstreiber?

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  • Die in diesem Beitrag verwendeten Fach- und Finanzbegriffe werden unter btv.at/glossar ausführlich erklärt.

    Quelle: BTV; Stand: 04.05.2022. Die Beiträge in dieser Publikation dienen lediglich der Information. Die BTV prüft ihr Informationsangebot sorgfältig. Dennoch bitten wir um Verständnis, dass wir diese Informationen ohne Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität zur Verfügung stellen. Verleger und Verfasser behalten sich einen Irrtum, insbesondere in Bezug auf Kurse und andere Zahlenangaben, ausdrücklich vor. Durch neue Entwicklungen oder kurzfristige Änderungen können diese Informationen daher bereits überholt sein. Bei Prognosen und Schätzungen über die zukünftige Entwicklung handelt es sich lediglich um unverbindliche Werte. Von diesen kann nicht auf die tatsächliche künftige Wertentwicklung geschlossen werden, weil zukünftige Entwicklungen des Kapitalmarktes nicht im Voraus zu bestimmen sind. Bei diesen Informationen handelt es sich um keine individuelle Anlageempfehlung, kein Angebot zur Zeichnung bzw. zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Bitte beachte Sie, dass ein Investment mit Risiken verbunden ist.