Geopolitik im Fokus

Egal welche Zeitung man aufschlägt, geopolitische Ereignisse dominieren: Die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine, das Kräftemessen zwischen den USA und China sowie die bevorstehenden US-Wahlen im November sind hierbei die Hauptthemen neben weiteren globalen Belangen.

 

Lesen Sie in dieser Spezialausgabe des BTV ANLAGEKOMPASS über die unterschiedlichen Ansätze bzw. Bereiche der Geopolitik und welche Auswirkungen diese nach BTV Einschätzung auf die globale Wirtschaftsentwicklung haben.

Ein blaues Heft mit der Aufschrift Weitsicht spiegelt sich im Fenster, dahinter liegen weitere Exemplare vom Heft

Geopolitik im Wandel der Zeit

Geopolitik scheint das dominierende Thema in 2024 zu sein. Verschiedene Konfliktherde, die anstehenden US-Wahlen sowie das Kräftemessen von Großmächten führen zu dieser Einschätzung. In dieser Einleitung erklären wir, was überhaupt unter Geopolitik verstanden wird und wie sich diese im Laufe der Zeit gewandelt hat.

  • Was ist Geopolitik?

    Das Thema Geopolitik rückte in den letzten Jahren aufgrund verschiedenster globaler Entwicklungen zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Doch wie ist der Begriff eigentlich definiert? Tatsächlich bezeichnet Geopolitik das raumbezogene, außenpolitische Agieren von Großmächten im Rahmen ihrer individuellen Strategie. Im Endeffekt geht es also darum, dass Staaten versuchen, ihre Interessen und Bedürfnisse, die sie auf ihrem eigenen Territorium nicht befriedigen können, außerhalb ihres Territoriums durchzusetzen. Beispiele für die angesprochenen Bedürfnisse sind Rohstoffvorkommen, bewirtschaftbare Böden für den Anbau von Nahrungsmitteln oder auch zukunftsweisende Technologien, die die Produktivität vorantreiben und den Wohlstand erhöhen. Das bedeutet, die Geostrategie einer Volkswirtschaft bestimmt deren Handelspolitik, deren Militärstrategie sowie das Eingehen von Bündnissen zu unterschiedlichen Zwecken, wie zum Beispiel Militärbündnisse, Handelszonen oder Währungsunionen. Großmächte verfolgen oftmals eine entschiedene und aggressive Geopolitik, da sie aufgrund der Größe ihrer Länder und Bevölkerungen über eine enorme wirtschaftliche und militärische
    Macht verfügen und entsprechend Druck auf andere Länder ausüben können. Gleichzeitig ist auch der innere Druck groß, denn der Staat muss am Laufen gehalten, Einnahmen müssen generiert und die Verfügbarkeit wichtiger Rohstoffe und Produkte sichergestellt werden, denn ansonsten drohen Unruhen.

     

    Gefährlich wird es, wenn Großmächte in Konkurrenz geraten. In diesem Fall strebt ein Staat nicht mehr nach bloßer Befriedigung seiner Bedürfnisse im Rest der Welt, sondern es geht um Machtpolitik und das Gewinnen von zunehmendem Einfluss sowie teilweise auch um Expansionsstreben. Es geht damit um die wirtschaftliche und militärische Vormachtstellung auf regionaler oder sogar auf globaler Ebene. Spitzen sich Konflikte zu, rüsten Staaten auf, brechen internationale Abkommen, drohen mit Atomkriegen, verhängen Handelsembargos, marschieren in Nachbarländer ein und führen Stellvertreterkriege. Beispiele, die uns aus der jüngsten Vergangenheit alle bekannt sein dürften.

     

    Zitat Sunzi

     

  • Geopolitische Machtverhältnisse im ständigen Wandel

    Die globale Vormachtstellung war in den vergangenen Jahrhunderten konstanter Veränderung unterworfen und es kam immer wieder zu schwerwiegenden Umbrüchen. Veränderung geschieht auf dieser Ebene allerdings nur langsam, da sie von verschiedenen Parametern abhängt. Ein starkes Wirtschaftswachstum erhöht die Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft, was dieser zu steigendem internationalen Einfluss verhilft. Vor allem ein stärkeres Bevölkerungswachstum sowie technologischer Fortschritt sind die beiden Komponenten, die das Trendwachstum langfristig anheben und damit die Position einer Volkswirtschaft auf der globalen Bühne verbessern können. In der Regel führt eine hohe Wirtschaftsleistung nach und nach auch zu einer Stärkung des Verteidigungssektors und damit zu einer militärischen Vormachtstellung, um sich die Machtverhältnisse zu sichern. Aktuell sind es weiterhin die USA, die sich die globale Vormachtstellung durch diese beiden Komponenten sichern. Aber auch andere Volkswirtschaften beharren auf ihren Machtansprüchen, weshalb
    es vor allem in jüngster Vergangenheit immer wieder zum Kräftemessen verschiedener Großmächte kam.

     

    Thukydides, griechischer Stratege und Historiker (5./4. Jh. v. Chr.)

    Thukydides

    Quelle: gettyimages.at

  • Das „etwas andere“ Kräftemessen im 21. Jahrhundert

    Die Falle des Thukydides, ein vom US-Politikwissenschaftler Graham T. Allison geprägter Begriff, beschreibt die hohe Wahrscheinlichkeit für einen Krieg, wenn eine aufstrebende Macht eine bestehende Großmacht als regionalen oder internationalen Hegemonen zu verdrängen droht. Diese Theorie wird leider auch heutzutage immer wieder bestätigt. Wie im zweiten Kapitel beschrieben, gehören das Expansionsstreben Russlands genauso wie der Krieg im Nahen Osten dazu. Seit der Erfindung der Atomwaffe kam es allerdings zu keinem Weltkrieg mehr und das Kräftemessen zwischen den Großmächten beschränkt sich vermehrt auf bloße Drohungen, das Eingehen von Bündnissen sowie das Streben nach Macht und Einfluss im Rest der Welt, wie im dritten Kapitel beschrieben. Auf eine ganz andere Art und Weise wird der Kampf um die Stellung des globalen Hegemonen im vierten Kapitel beschrieben. Es geht hierbei nicht nur um den Vorsprung bei den sogenannten „harten“ Machtfaktoren wie Wirtschaftsleistung und Militärpräsenz, sondern die Vormachtstellung soll auch durch „weiche“ Machtfaktoren gesichert werden. Darunter versteht man zum Beispiel einen Wissensvorsprung in sensiblen Technologiebereichen, die Fortschritte auf den Gebieten Industrie, Militär, Transport und etwa auch Raumfahrt ermöglichen.

  • Internationale Lieferketten bleiben ein Risiko

    Nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht sind geopolitische Konflikte ein Risiko, in dieser Spezialausgabe des BTV ANLAGEKOMPASS wollen wir uns aber genau diesem Thema widmen. Solche Konfrontationen, die sich im schlimmsten Fall bis zum Krieg zuspitzen können, belasten die Wirtschaft maßgeblich über einen Faktor: die Disruption des Welthandels. In den vergangenen Jahren wurde uns durch die Coronavirus-Pandemie schmerzlich vor Augen geführt, dass unsere globalisierte Welt, die zweifelsohne viele Vorteile mit sich bringt, auch immensen Risiken ausgesetzt ist. Konkret betrifft das internationale Lieferketten, die sich über den gesamten Globus erstrecken und anfällig sind für Unterbrechungen. Die jüngsten geopolitischen Entwicklungen, die aktuell das Weltgeschehen dominieren, können ebenfalls negative Auswirkungen auf Lieferketten und Preise haben. Im folgenden Kapitel widmen wir uns der Frage, wie sich kriegerische Auseinandersetzungen auf den Welthandel auswirken. Es zeigt sich, dass Kriege den Rest der Welt meist über einen Kanal besonders treffen: die Verfügbarkeit von Energierohstoffen.

Globalisierung: Nicht nur Vorteile

Dass Globalisierung viele Vorteile mit sich bringt, steht außer Frage. Aber je globalisierter unsere Welt ist, umso mehr sind wir auch von Konflikten betroffen, die nicht vor unserer Haustüre stattfinden, da globale Lieferketten immer wieder durch Krisengebiete verlaufen können. Während der Pandemie war ein breites Spektrum an Gütern betroffen. Wie die Geschichte zeigt, wirkt Geopolitik aber meist nur über einen wichtigen Rohstoff.

  • Jeder braucht Rohstoffe

    Findet ein Krieg außerhalb von Europa, den USA oder China, den für uns wichtigsten Wirtschaftsräumen, statt, hat das wirtschaftlich in der Regel kaum Auswirkungen auf uns. Aber es gibt eine Ausnahme, die der Westen selbst bei entferntesten Kriegsschauplätzen wirtschaftlich zu spüren bekommen kann. Denn Rohstoffvorkommen sind überall auf dem Globus verteilt – und Rohstoffe benötigen alle. Diese Lieferketten spannen sich über unsere gesamte Welt und stellen ein Risiko dar, sofern der Fluss dieser dringend benötigten Rohstoffe in den Westen unterbrochen wird. Dabei gibt es einen Rohstoff, von dem wir aktuell noch besonders abhängig sind, und das ist Öl. In diesem Kapitel legen wir den Fokus auf geopolitische Konflikte – heute und in der Vergangenheit –, die dem Westen über den Ölpreis gravierende wirtschaftliche Schwierigkeiten bereitet haben.

  • Das geopolitische Negativbeispiel

    Vor etwas über zwei Jahren fiel Russland in der Ukraine ein, der Krieg dauert bis heute an. Anstelle einer militärischen Einmischung hat sich der Westen für Sanktionen entschieden, die Russland zum Rückzug zwingen sollten. Russland seinerseits stellte als Reaktion darauf die Öl- und Gaslieferungen nach Europa Großteils ein. Kurzfristig wurde ein Engpass befürchtet, was die Energiepreise drastisch ansteigen ließ (siehe Grafik). Das perfekte Negativbeispiel dafür, wie sich geopolitische Krisen, Machtspiele und Kriege über den Ölpreis wirtschaftsschädigend auswirken können – und das nicht zum ersten Mal in der Geschichte.

     

    Russland trieb die Ölpreise massiv nach oben

    Ölpreis_2020-2024

    Quelle: Bloomberg; Stant 29.03.2024

  • Geschichte wiederholt sich: das Ölembargo von 1970

    Man muss nicht allzu weit in der Geschichte zurückgehen, um ein weiteres Beispiel dafür zu finden, dass es meistens der Ölpreis ist, über den der Westen wirtschaftlich geschädigt wird. Gemeint ist das Ölembargo der OPEC-Staaten (Organisation erdölexportierender Länder) in den 1970er-Jahren. Dieses führte zu einem drastischen Anstieg des Ölpreises, destabilisierte weltweite Märkte und hatte weitreichende politische Folgen. Die OPEC-Staaten, eine Gruppe von Ländern hauptsächlich im Nahen Osten, beschlossen während des Jom-Kippur-Krieges, den Israel gegen eine Koalition arabischer Staaten führte, im Oktober 1973 ein gemeinsames Embargo gegen Israel und seine Verbündeten – insbesondere gegen die USA und Westeuropa, die aus ihrer Sicht Israel unterstützten. Die OPEC kürzte ihre Ölproduktion um 5 %, was den Preis enorm erhöhte. Im Laufe nur weniger Monate stieg der Preis des Rohöls von drei auf zwanzig US-Dollar je Barrel. Für Wirtschaft, Politik sowie Transportindustrie waren diese Ereignisse sehr gravierend: Es gab einen massiven Anstieg bei Erdgas-, Benzin- sowie Kerosinexporten, wodurch die Mobilität stark eingeschränkt wurde. Europa und die USA waren also nicht direkt in den Krieg involviert, hatten aber dennoch mit drastischen wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen.

  • Der Nahost-Konflikt: ein geopolitisches Risiko für den Westen

    Aktuell ist es der Konflikt im Nahen Osten, der das Potenzial hat, dem Westen wirtschaftlich zu schaden – wiederum über höhere Ölpreise. Dabei ist in diesem Zusammenhang nicht von einer bewussten Reduktion der Liefermenge zu sprechen, wie es in der Vergangenheit passierte. Vielmehr stellt hier der
    Transport über den Seeweg das Risiko dar. Dieser ist nicht nur der wichtigste Transportweg für Öl, sondern für den gesamten Welthandel – auch in unserer globalisierten Welt hat sich das nicht geändert. 90 % des globalen Güterverkehrs, 70 % aller Öl und Gaslieferungen sowie 60 % aller weltweit gehandelten Lebensmittel werden über den Seeweg abgewickelt bzw. transportiert. Dabei gibt es verschiedene Handelswege und Kanäle, die aufgrund ihrer Zeit- und Kostenersparnis besonders gern genutzt werden. Der wohl wichtigste dieser Kanäle ist der Suezkanal zwischen Rotem Meer und Mittelmeer. 30 % aller weltweit verschifften Container schippern durch das Rote Meer – das aktuell unter Beschuss steht. Seit Jahrzehnten schwelt im Nahen Osten der Konflikt zwischen den Juden in Israel und den Muslimen bzw. Palästinensern in Gaza und im Westjordanland, der sich um territoriale Ansprüche dreht. Als die radikal-islamistische Hamas aus dem Gazastreifen im vergangenen Oktober einen gewaltsamen Anschlag auf Israel verübte, muss dieser wohl bewusst gewesen sein, dass sie Israel aufgrund seiner militärischen Überlegenheit nicht besiegen kann. Augenscheinlich hoffte sie aber, durch ihren Angriff einen Vergeltungsschlag Israels zu provozieren, der ihre Verbündeten zum Einmischen zwingt. Saudi-Arabien und andere muslimische Länder halten bisher aber an der friedlichen Annäherung an Israel, die in den vergangenen Jahren gelungen ist, fest – wenngleich sie den Vergeltungsschlag Israels in Gaza verurteilen. Die Huthi-Rebellen hingegen haben sich offen auf die Seite der Palästinenser*innen geschlagen, mit Konsequenzen auch für den Westen.

     

    Die OPEC: Konzentration im Nahen Osten

    Quelle: BTV, opec.org; Stand 10.04.2024

  • Wer sind die Huthi-Rebellen?

    Die Huthi-Rebellen sind eine militante Bewegung, die ursprünglich aus dem Nordwesten Jemens kommt und heute außerdem vom Iran und der Hisbollah im Libanon unterstützt wird. Im Gaza-Krieg solidarisieren sich die Huthi – genau wie ihr Unterstützer Iran – mit der Terrororganisation Hamas und den Palästinenser*innen. Nach der jüngsten Eskalation, als die Hamas in Israel eingefallen ist und Israel mit einem Vergeltungsschlag reagiert hat, haben die Huthi jedes Schiff, das israelische Häfen ansteuert oder von dort ablegt – ausgenommen jene, die Hilfsgüter für die Palästinenser*innen in Gaza transportieren –, zum möglichen Ziel erklärt. Mitte Januar attackierten die USA als Folge dieser Angriffe gemeinsam mit Großbritannien mehrere Huthi-Stellungen, der größte militärische Gegenschlag seit zehn Jahren.

  • Globale Lieferketten als Risiko

    Viele Schiffe wählen angesichts des gestiegenen Risikos inzwischen die Alternativroute rund um Afrika, am Kap der Guten Hoffnung vorbei, die sie allerdings 30–40 % mehr Zeit kostet, um Güter von Asien nach Europa zu verschiffen. Die Folge davon: um 10–20 % höhere Transportkosten. Außerdem
    ist der Druck auf die Lieferketten wieder deutlich angestiegen, wie der Global Supply Chain Pressure Index der Federal Reserve Bank of New York zeigt (siehe Grafik). Da der Anteil der Transportkosten am finalen Produkt aber relativ gering ist, sehen wir das Risiko eines erneuten Inflationsanstieges als sehr gering an. Ein weiterer Grund, warum wir in der BTV keine deutlichen Preissteigerungen erwarten, ist die Tatsache, dass die Lieferketten aktuell deutlich weniger angespannt sind als während Corona. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass die globale Wirtschaftsaktivität infolge des hohen Zinsniveaus im vergangenen Jahr deutlich abgenommen hat.

     

    Druck auf Lieferketten wieder gestiegen

    Lieferkettenindex

    Quelle: Bloomberg; Stand 29.03.2024

  • Wirtschaftsschwäche hilft

    Die Notenbanken, die mit den Zinsanstiegen die hohe Inflation bekämpfen mussten, haben damit die Weltwirtschaft deutlich abgekühlt. Einher mit einer geringeren Wirtschaftsaktivität geht auch eine geringere Nachfrage, was sich über kurz oder lang in einem geringeren Handelsvolumen manifestiert. Außerdem hat man aus den vergangenen Jahren gelernt und will eine erneute Knappheit bei Containerschiffen sowie zu wenig Kapazitäten an den Häfen vermeiden – weshalb aufgerüstet wurde. Das Angebot an Schiffen sollte daher auch ausreichen, um den längeren Transportweg über das Kap der Guten Hoffnung zu kompensieren. In Verbindung mit der ohnehin schwächeren Nachfrage infolge der geringeren Wirtschaftstätigkeit sehen wir daher weder Lieferengpässe noch drastische Preisanstiege. Im Hinblick auf eine Ausweitung des Nahost-Konflikts, was dann wiederum den Ölpreis nach oben treiben könnte, sind die Risiken allerdings etwas höher.

  • Risiko Öl – erneut

    Ähnlich wie der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat auch der Nahost-Konflikt das Potenzial, den Westen hart zu treffen, nämlich über höhere Ölpreise. Angesichts des Förderanteils, den der Nahe Osten zum globalen Ölangebot beiträgt, hat der Ölpreis bisher nur moderat auf die Auseinandersetzungen reagiert. Wirtschaftsschwäche und abnehmende Ölnachfrage in den kommenden Monaten standen bisher im Vordergrund. Für den Ölpreis wäre das größte Risiko auch nicht eine Blockade im Roten Meer, sondern eine der Straße von Hormus. Durch diese Meerenge, die den Persischen Golf mit dem Golf von Oman verbindet, werden täglich über 20 % des weltweiten Ölangebots transportiert. Eine Ausweitung des Konflikts auf diese Region ist aber nicht im BTV Basisszenario enthalten, vor allem da auch der Iran diese Meerenge nutzt, um sein Öl zu exportieren, und eine Blockade deshalb nicht im Sinne der Regierung in Teheran sein dürfte. Weitere Details zum Konflikt, zur Straße von Hormus sowie zu den damit verbundenen Risiken für den Ölpreis lesen Sie in unserer
    ersten diesjährigen Ausgabe des BTV ANLAGEKOMPASS.

     

    Jemen auf der Arabischen Halbinsel

    Jemen auf der Arabischen Halbinsel

    Quelle: BTV

Spannungen zwischen den Supermächten

Von Geopolitik spricht man nicht notwendigerweise immer im Zusammenhang mit konkreten Militäreinsätzen. Oftmals reichen bereits Drohungen und Rhetorik, um sich auf die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte auszuwirken. Insbesondere im Verhältnis zwischen den USA und China sind die Spannungen spürbar hoch.

  • USA und China: frostige Beziehung

    Im vorherigen Kapitel haben wir uns mit Geopolitik und konkreten kriegerischen Handlungen auseinandergesetzt, die die Weltwirtschaft – meist über höhere Energiepreise – negativ beeinflussen können. Es ist aber gar nicht notwendig, dass es zu konkreten Militäreinsätzen kommt, damit die Weltwirtschaft bzw. Finanzmärkte auf Geopolitik reagieren. Meist reichen schon Rhetorik, Drohungen und Machtspiele, wie dies zum Beispiel das Kräftemessen zwischen den USA und China verdeutlicht. China strebt schon seit Jahrzehnten an, die USA in ihrer Rolle als globale Führungsmacht zu ersetzen. Chinas Wirtschaft ist im letzten Jahrzehnt rasant gewachsen und konnte den Abstand zu den USA verringern. Wie in der Grafik ersichtlich, hat die Coronavirus-Pandemie die konjunkturelle Aufholbewegung Chinas aber unterbrochen und die Wirtschaftsleistung Chinas (BIP) ist wieder stärker zurückgefallen. Aber nicht nur in konjunktureller, sondern auch in militärischer Sicht will China aufholen. Das Reich der Mitte erhöht seinen Verteidigungsetat in diesem Jahr um weitere 7,2 %, womit es hinter den USA das zweithöchste Verteidigungsbudget der Welt hat.

     

    Das bedeutet keineswegs, dass die Gefahr einer direkten kriegerischen Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Großmächten besteht. Die Beziehung kann aber bestenfalls als frostig bezeichnet werden und Machtspiele sowie verbale Drohungen stehen an der Tagesordnung. Vor allem in verschiedene territoriale Ansprüche, die China erhebt, mischen sich die USA immer wieder ein.

     

    Wirtschaftsleistung USA und China im Vergleich

    Wirtschaftsleistung_USA_China

    Quelle: Bloomberg; Stand 29.03.2024

  • Chinas Machtansprüche

    Seit Jahren versucht China, die Kontrolle über Teile des Südchinesischen Meers zu erlangen. Dieses ist ein umstrittenes Gebiet und mehrere Länder wie z. B. Vietnam, die Philippinen oder Indonesien beanspruchen Teile davon für sich. China ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einer ernst zu nehmenden Seemacht geworden und verfügt mittlerweile, gemessen an der Anzahl der Schiffe, über die größte Marine der Welt. Der Westen, insbesondere die USA und die EU, hat seine Unterstützung für andere Länder ausgesprochen und lehnt Chinas Anspruch auf dieses Gebiet ab. Neben dem Südchinesischen Meer verlangt China auch, dass Taiwan seine Unabhängigkeit aufgibt und wieder Teil von China wird. Die Gründe für diesen Wunsch sind komplex und historisch sowie politisch bedingt, weshalb wir sie hier nur in aller Kürze erwähnen wollen.

     

    Historisch betrachtet wurde Taiwan bis 1895 vom chinesischen Kaiserreich und danach bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs vom japanischen Kaiserreich beherrscht. 1945 wurde es Teil der 1912 auf dem Festland ausgerufenen Republik China. 1949 gründete Mao Zedong die Volksrepublik China (VR China), während das nationalistisch-konservative Oberhaupt Chiang Kai-shek mit seinen Anhängern nach Taiwan floh. Seitdem hat Peking Taiwans Unabhängigkeitsbestrebungen immer als Bedrohung für seine Souveränität angesehen und befürchtet einen gefährlichen Präzedenzfall, wonach andere Regionen oder Provinzen ebenfalls ihre Unabhängigkeit fordern könnten.

     

    Der Westen ist weder geografisch noch militärisch in diesen Konflikt involviert, die Beziehungen mit China verbessern sich durch diese Einmischung aber natürlich nicht. Wirtschaftlich gesehen wiegt aber viel schwerer, dass sich auch die Handelsbeziehungen dadurch deutlich verschlechtert haben. Dieser Handelskonflikt zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten beeinflusst die ganze Welt, weshalb wir diesem Thema etwas weiter hinten ein eigenes Kapitel widmen wollen.

     

    Konfliktpotenzial: China und Taiwan

    Taiwan hat eine wichtige strategische und ökonomische Rolle inne

    Quelle: BTV

  • West gegen Ost: Sanktionen gegen Russland

    Nicht nur in Bezug auf China, sondern auch in Russland mischt sich der Westen ein. Russland führt aktuell Krieg in der Ukraine, der Westen hat sich klar dagegen ausgesprochen und Russland mit harten Sanktionen belegt. Dass die Ost-West-Beziehung unter diesen Umständen keine einfache Sache ist, ist völlig klar. Doch auch vorher schon war die Beziehung speziell zwischen den USA und Russland schwierig. Seit dem Zerfall der UdSSR hat Russland auf allen Ebenen verloren. Die Transformation von einer zentralisierten Planwirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft war ein enormer Wandel, auf den nicht alle Systeme und Politiken ausreichend vorbereitet waren. Das führte in den 1990ern zu einer tiefen Wirtschaftskrise. Dennoch gelang es Russland, sich unter anderem dank Öl- und Erdgasvorkommen ab dem Jahrtausendwechsel schrittweise „wiederzubeleben“ – zu alter Stärke hat das Land aber nicht zurückgefunden. Dass Russland nun mit Gewalt Teile der Ukraine einnehmen will, stößt im Westen natürlich auf Gegenwehr. Ein weitaus weniger beachteter territorialer Anspruch, den der Westen nicht hinnehmen will, ist allerdings die Nordostpassage.

  • Westliche Machtspiele mit Russland

    Die Nordostpassage ist eine Meeresroute, die entlang der nordrussischen Küste verläuft und den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Sie ist insbesondere aufgrund des Klimawandels immer länger eisfrei und wird dadurch zu einer zunehmend attraktiven Alternative zur traditionellen Schifffahrtsroute durch den Suezkanal. Russland beansprucht die Kontrolle über diese Passage aufgrund seiner territorialen Hoheitsrechte in diesem Gebiet – und das internationale Seerecht gibt ihm als Anliegerstaat recht. Ausländischen Schiffen gewährt Russland normalerweise nur bedingten Transit, sofern keine wirtschaftlichen Aktivitäten wie etwa das Be- oder Entladen ihrer Güter im Gebiet durchgeführt werden. Für Russland bietet eine Kontrolle der Region einen erheblichen Vorteil für seine nationale Sicherheit, aber auch für seinen Energie-Export nach Asien. Andere Länder, allen voran die USA, sehen dies jedoch anders und betrachten die Nordostpassage als internationale Seestraße, die allen Staaten zugänglich sein sollte. Bisher gab es keine konkreten Auseinandersetzungen dahingehend, das Thema wurde jedoch wiederholt in politischen Diskussionen und diplomatischen Dialogen behandelt. Angesichts der aktuell angespannten Beziehung bietet dieses Thema zukünftig durchaus Konfliktpotenzial, das vermutlich auch wirtschaftliche Folgen mit sich bringen würde.

  • Schwellenländer, vereinigt euch!

    Weitere Mitspieler auf der großen Weltbühne, die um wirtschaftliche Bedeutung bemüht sind, sind die Schwellenländer. Neben China und Russland geben hier die restlichen Staaten des BRICSBündnisses Brasilien, Indien und Südafrika den Ton an, wenngleich sie neben den wirtschaftlichen Großmächten bisher eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben. Eine steigende Wirtschaftsleistung und ein hohes Bevölkerungswachstum lassen aber auch hier immer mehr Machtansprüche aufkommen. Viele dieser Länder haben aber mit gravierenden innenpolitischen Problemen wie Energiebedarf, der nicht ausreichend gedeckt wird, Umweltverschmutzung und Korruption zu kämpfen. Diese Probleme stellen diese Länder vor Herausforderungen, nichtsdestotrotz wächst das Bündnis der BRICS weiter. Anfang des Jahres wurden neben den ursprünglichen Mitgliedern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika die neuen Mitglieder Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten, Äthiopien und Argentinien aufgenommen. Das Bündnis heißt fortan „BRICS plus“. Ziel der Allianz sei es, ein Gegengewicht zur geopolitischen und wirtschaftlichen Dominanz des Westens zu bilden. Eine Kampfansage an den Westen also? Die Abhängigkeit vom US-Dollar als globale Leitwährung möchten die Länder jedenfalls reduzieren – so weit, so einig. In vielen anderen wirtschaftlichen und politischen Belangen verfolgen die Länder aber oft unterschiedliche Ziele. Zudem gelten China und Indien in vielen Bereichen als wichtige Rivalen. Und Chinas oberstes Ziel ist es, seine globale Machtstellung im Vergleich zu den USA weiter auszubauen. Die Voraussetzungen für ein geeintes, wirtschaftsförderndes Handeln, von dem alle Mitglieder profitieren, sind also nicht gerade einfach.

     

    Neues Bündnis: die BRICS Plus

    BRICS_Plus

    Quelle: BTV

Der US-chinesische Handelskonflikt – was kommt da noch?

Die Beziehung zwischen den USA und China ist frostig. Während viele Machtspiele über Rhetorik und Drohungen stattfinden, schaden sich die beiden Länder seit Jahren gegenseitig mit Zöllen und Handelsrestriktionen. Durch die Pandemie ist der Konflikt etwas in den Hintergrund getreten, Chinas Fortschritte im Technologiebereich und die im November 2024 anstehende US-Wahl haben dieses Thema allerdings wieder in den Vordergrund gerückt.

  • Zölle und Handelsbeschränkungen als moderner Krieg?

    Im vorherigen Kapitel haben wir bereits erwähnt, dass das Verhältnis zwischen den USA und China aus den verschiedensten Gründen schwierig ist. Am Beispiel des Handelskonflikts, der sich seit Jahren zwischen den beiden Großmächten abspielt, lässt sich wunderbar veranschaulichen, wie geopolitische Konfrontationen – selbst ohne militärische Einsätze – wirtschaftsschädigend für beide Seiten sein können. Durch den Ausbruch der Coronavirus-Pandemie 2020 ist das Thema US-chinesischer Handelskonflikt etwas in den Hintergrund gerückt, aufgrund der Fortschritte Chinas im Technologiebereich und der im November stattfinden den US-Präsidentschaftswahlen gewinnt es allerdings wieder an Brisanz. Sowohl Demokraten als auch Republikaner wollen mit protektionistischen Ansätzen im Wahlkampf punkten, neue Zölle und massive Einschnitte im Handel zwischen den USA und China stehen im Raum.

  • Was bisher geschah

    Rollen wir noch einmal auf: Zugespitzt hat sich der Konflikt während US-Präsident Trumps Amtszeit. Dieser führte eine Reihe von Zöllen ein, die hauptsächlich China betrafen. So wurden auf knapp zwei Drittel aller chinesischen Importe in die USA neue Einfuhrabgaben erhoben, womit sich der durchschnittliche Tarif von 3 % auf über 19 % erhöhte. Aber auch die EU war betroffen. Im März 2018 führte die US-Regierung unter Trump Zölle in Höhe von 25 % auf Stahl und von 10 % auf Aluminium ein, wobei Präsident Biden diese nach seinem Amtsantritt wieder aufgehoben hat. Dies ist nicht verwunderlich, da die USA und die EU gegenseitig wichtige Absatzmärkte für ihre Exporte sind (siehe Grafik), weshalb bei der Einführung von Zöllen, die die importierten Güter teurer machen, vorerst sicher beide Länder die negativen Auswirkungen zu spüren bekommen. Der US-chinesische Handelskonflikt
    hat sich unter der Biden-Regierung in den letzten Jahren hingegen verschärft, sich dabei aber immer stärker in die Technologiebranche verlagert. Zu Rivalität kommt es vor allem in den Bereichen künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Überwachungstechnologie, Luftfahrt und Drohnentechnologie, alles sensible Technologien, die sich militärisch einsetzen lassen und zu einem spürbaren Vorsprung führen können. Aus diesem Grund haben unter der Biden-Regierung US-Export- und Investmentkontrollen erheblich zugenommen, und zwar mit dem einfachen Ziel, chinesische Firmen von sensiblen US-Tech-Entwicklungen abzuschneiden. Im Oktober 2022 wurden US-Sanktionen gegen die chinesische Halbleiterindustrie massiv verschärft, da diese Chips etwa auch für künstliche Intelligenz eine erhebliche Rolle spielen. Aber auch China kann den Druck auf die USA erhöhen, und zwar durch die Exportbeschränkung von Rohstoffen und seltenen Erden, vor allem Letztere werden zum Großteil in China abgebaut. Im Juli 2023 kam es bereits zu Exportrestriktionen für die seltenen Erden Gallium und Germanium, die für die Technologiebranche als wichtige Rohstoffe gelten.

  • EU: Wichtiger Absatzmarkt für amerikanische Exporte (2023)

    Anteil EU-Exporte je Region

    Anteil_EU_exporte_je_Region

    Quelle: Bloomberg; Stand 2023

     

    Anteil US-Exporte je Region

    Anteil_US_exporte_je_Region

    Quelle: Bloomberg; Stand 2023

  • Was noch kommen kann

    Im Szenario einer Wiederwahl Trumps im Herbst stellt sich jetzt natürlich die Frage, ob sich dieses Kräftemessen rund um Zollerhebungen sowie Export- und Investmentbeschränkungen zuspitzen wird. Rhetorisch gibt Trump bereits jetzt im Wahlkampf Vollgas und spricht von Zöllen in Höhe von mindestens 10 % auf alle EU-Importe (aktuell: 1,45 %). Dies wäre eine viel umfangreichere Maßnahme als die Zölle von 2018, die nur Stahl und Aluminium betroffen haben. Vertreter der EU haben angedeutet, darauf mit strengen neuen Regularien für US-Technologiefirmen reagieren zu wollen. US-Tarife in Höhe von bis zu 60 % auf chinesische Waren und 10 % auf globale Importe sind aktuell im Gespräch, wobei man hoffen darf, dass es sich dabei lediglich um protektionistische Wahlpropaganda handelt. Das jährliche Handelsvolumen von ca. 575 Mrd. US-Dollar, das zwischen den USA und China aktuell fließt, würde es Schätzungen und Modellrechnungen zufolge im Falle von Zöllen in Höhe von 60 % praktisch nicht mehr geben – mit gravierenden negativen Folgen auch für die USA.

  • Biden unter Druck

    Aber auch unter einer möglichen zweiten Amtszeit von Biden werden die Spannungen zwischen den USA und China nicht plötzlich verschwinden. Ganz im Gegenteil: Trumps Rhetorik und sein Fokus auf Protektionismus bauen auch Druck auf Biden auf, der seinerseits mit diesen Themen im Wahlkampf punkten will. Beispielsweise gibt es Überlegungen im Parteiprogramm der Demokraten, zukünftig das Label „Made in China“ zu beschränken. Selbst bei Umwegen von chinesischen Exporten, beispielsweise über Mexiko, wären diese davon betroffen – und Zölle könnten damit nicht (mehr) umgangen werden. Die Risiken für den Welthandel sind unter Biden zwar deutlich geringer, sein Konzept zu chinesischen Importen scheint auf den ersten Blick aber sogar noch umfangreicher zu sein als Trumps angekündigte Zollerhöhungen. Auch die Handels- und Investitionsbeschränkungen im Tech-Sektor werden sich fortsetzen und gegebenenfalls auch weiter verschärfen. Das größte Risiko für die USA besteht im Gegenzug darin, wichtige Rohstoffe aus China nicht mehr im selben Umfang zu erhalten.

     

    Zitat_Trump

  • Deglobalisierung und Nearshoring

    Ganz unabhängig von diesem konkreten Konflikt bzw. dem Machtgebaren der zwei größten Wirtschaftsmächte der Welt wirken sich Zölle sowie Handelsbeschränkungen – zumindest vorübergehend – negativ auf das Handelsvolumen und die Wirtschaftsdynamik aus bzw. verstärken diese den sogenannten Nearshoring-Trend. Nearshoring ist eine Geschäftspraxis, bei der Unternehmen Aufgaben und Dienstleistungen an externe Anbieter in Ländern auslagern, die sich geografisch näher zum eigenen Land befinden als Offshore-Standorte. Der Fokus von Nearshoring liegt insbesondere auf dem Wegfall kultureller, sprachlicher und zeitlicher Barrieren sowie auf kurzen Reise und Kommunikationswegen – allerdings auf Kosten der Globalisierung sowie günstiger Lohn- und Produktionskosten. Langfristig bedeutet dieser Trend damit zwar mehr Versorgungssicherheit, aber er drückt auch auf die Produktivität und damit auf die Wirtschaftsleistung, die im Zuge der Globalisierung immer weiter angestiegen ist. Ein höheres Lohn- und Kostenniveau dürfte sich auf lange Sicht außerdem inflationsfördernd auswirken und das Preisniveau nach oben drücken.

Fazit

  • Geopolitik als gewichtige Einflussgröße – oder doch nicht?

    In dieser Spezialausgabe des BTV ANLAGEKOMPASS wird verdeutlicht, welch weitreichende Folgen die Geostrategie der Großmächte haben kann und dass damit auch weltwirtschaftliche Umwälzungen einhergehen. Geopolitik bestimmt, zwischen welchen Staaten Bündnisse eingegangen werden, welche internationalen Geschäfte getätigt werden und letztendlich auch, inwiefern der globale ökonomische Fortschritt damit vorangetrieben wird. Interessant ist jedoch, dass sich die weltweiten Finanzmärkte von den jüngsten geopolitischen Ereignissen unbeeindruckt zeigen. Viele globale Aktienindizes, wie der US-amerikanische S&P 500, der deutsche DAX oder der japanische Nikkei 225, befinden sich auf Allzeithochs. Auch schon die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Unsicherheit, die Geopolitik erzeugt, vor allem einen kurzfristigen Effekt hat. Neue Nachrichten wie der Kriegsausbruch im Nahen Osten oder ein überraschender Wahlausgang führen kurzfristig zu Nervosität an den Märkten und erhöhen damit auch die Volatilität, meist sind diese Marktphasen allerdings nur von kurzer Dauer. Nachhaltige Auswirkungen auf die Finanzmärkte hat Geopolitik nur dann, wenn es zu strukturellen Umbrüchen kommt, die langfristige Veränderungen bewirken. Ein dauerhaft höherer Ölpreis, verursacht durch ein nachhaltig verknapptes Angebot, würde zum Beispiel die Inflation strukturell erhöhen und die Umorientierung der Unternehmen weg von Rohöl hin zu anderen Energieträgern bewirken. Die Umstrukturierung ganzer Handelsketten, als ein weiteres Beispiel, kann eine Region attraktiver bzw. unattraktiver machen und dadurch Investorengelder umlenken. Das kann dazu führen, dass ein Staat wirtschaftlichen Aufschwung erfährt, während ein anderer an konjunkturellem Einfluss verliert.

     

    Unser Tipp für Investor*innen und Unternehmer*innen lautet deshalb, in hochvolatilen, unsicheren Zeiten Ruhe zu bewahren und sich auf langfristige, nachhaltige Entwicklungen zu konzentrieren. Das bedeutet, Trends frühzeitig zu erkennen und sich darauf zu positionieren, anstelle sich von Schlagzeilen und Emotionen leiten zu lassen.

Kapitalmärkte im Rückblick

Lesen Sie auch unsere vorigen Ausgaben des BTV Anlagekompass.

  • Anlagekompass Vol. 01 2024: das Jahr der Geopolitik?

    Eine hohe Inflation und die Geldpolitik der großen Notenbanken galten 2023 als die Treiber für das Marktgeschehen und die Finanzmärkte. Nachdem EZB und Fed ihre Jobs aber tadellos zu erledigen scheinen und sich die Inflationsraten weiter in Richtung des 2 %-Ziels bewegen, werden die Märkte ihr Augenmerk 2024 auf etwas anderes legen. Dieses Jahr dürfte (geo-)politisch ein interessantes werden, nachdem über die Hälfte der globalen Bevölkerung wählen wird. Erhöhter Protektionismus in den USA, der Handelskonflikt mit China sowie dessen Spannungen mit Taiwan gelten als politische Unsicherheitsfaktoren in 2024. Die Ukraine befindet sich nach wie vor im Krieg mit Russland, Israel und die Terrororganisation Hamas bekämpfen sich im Gazastreifen, weitere Länder im Nahen Osten bzw. dort ansässige militante Gruppen mischen sich mehr oder weniger offensichtlich in den Konflikt ein. Bleibt dabei überhaupt noch Zeit für einen Blick auf die Finanzmärkte?

  • Anlagekompass Vol. 02 2024: Zinssenkungen? Bald. Aktien? Performen.

    Bis vor wenigen Wochen bescheinigten die Prognosen für das Jahr 2024 eine bevorstehende Rezession mit Einbrüchen an den globalen Aktienmärkten. Der Jahresstart belehrte uns allerdings eines Besseren und Zinssenkungserwartungen wurden sukzessive ausgepreist. Die Aktienmärkte zeigen sich allerdings unbeeindruckt von geringeren Zinssenkungserwartungen, geopolitischen Konflikten und den anstehenden US-Wahlen im November, die einige Umwälzungen mit sich bringen könnten. Neue Allzeithochs wurden erreicht und Investor*innen stellen sich die Frage, wie lange das noch so weitergehen kann.

  • Die in diesem Beitrag verwendeten Fach- und Finanzbegriffe werden unter btv.at/glossar ausführlich erklärt.

    Die Beiträge in dieser Publikation dienen lediglich der Information. Die BTV prüft ihr Informationsangebot sorgfältig. Dennoch bitten wir um Verständnis, dass wir diese Informationen ohne Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität zur Verfügung stellen. Verleger und Verfasser behalten sich einen Irrtum, insbesondere in Bezug auf Kurse und andere Zahlenangaben, ausdrücklich vor. Durch neue Entwicklungen oder kurzfristige Änderungen können diese Informationen daher bereits überholt sein. Bei Prognosen und Schätzungen über die zukünftige Entwicklung handelt es sich lediglich um unverbindliche Werte. Von diesen kann nicht auf die tatsächliche künftige Wertentwicklung geschlossen werden, weil zukünftige Entwicklungen des Kapitalmarktes nicht im Voraus zu bestimmen sind. Bei diesen Informationen handelt es sich um keine individuelle Anlageempfehlung, kein Angebot zur Zeichnung bzw. zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Bitte beachte Sie, dass ein Investment mit Risiken verbunden ist. Stand: April 2024

Zum Newsletter anmelden

Möchten Sie laufend Insights zu den aktuellen Entwicklungen auf den Kapitalmärkten erhalten? Melden Sie sich gleich für den BTV Anlagekompass an.

  • Experteneinschätzung & Anlagemeinung
  • Kapitalmärkte im Blick
  • Regelmäßige Insights in die verschiedenen Assetklassen
Achtung: Ihre Anfrage konnte aufgrund eines technischen Fehlers nicht gesendet werden. Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten.

Ihre aktuellen Cookie Präferenzen erlauben es nicht, reCAPTCHA zu laden, welches, als funktionelles Cookie, für dieses Formular erforderlich ist. Bitte lassen Sie, um das Formular anzuzeigen, die funktionellen Cookies zu.