Good to know: Wie wählen die USA?

Das Wahlsystem in den USA ist nicht ganz einfach zu durchschauen. Relatives Mehrheitswahlrecht, Repräsentantenhaus, Electoral College: Wer wählt wen? Wir versuchen, Licht ins Dunkel des Wahlwirrwarrs zu bringen.

Frau steht bei Kabine bei der US-Wahl.

Die USA und ihr Wahlsystem

Am 5. November 2024 finden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Die Vorwahlen, bei denen über den demokratischen und republikanischen Kandidaten entschieden wird und bei denen das Volk direkt mitentscheiden kann, sind inzwischen beendet. In allen Bundesstaaten wurden in Summe 3.979 Delegierte gewählt, die am Bundesparteitag, der bei den Republikanern im Juli, bei den Demokraten im August stattfindet, ihren jeweiligen Präsidentschaftskandidaten nominieren. Stehen die beiden Kandidaten fest, geht es in das Rennen um das Präsidentenamt. Trump und Biden gelten in ihrer jeweiligen Partei bereits jetzt als definitive Kandidaten.

Wer macht das Rennen ums weiße Haus?

Die Gesichter von Donald Trump und Joe Biden sind zu sehen.

Quellen: wikipedia.org

Welchen Part haben dabei Delegierte, Electoral College und Wahlmänner?

Wer es von den beiden Präsidentschaftskandidaten erneut ins Weiße Haus schafft, entscheiden die 538 Wahlmänner im Electoral College.

 

Jeder der 50 Bundesstaaten sowie der Bundesdistrikt (Washington, D.C.) entsendet Wahlmänner (Kongressabgeordnete), deren Anzahl jener seiner Mitglieder im Kongress, jedoch mindestens drei Stimmen entspricht.

 

Der Kongress besteht aus Repräsentantenhaus (435 Sitze) und Senat (100 Sitze), die wiederum direkt vom Volk gewählt werden. Jeder Einzelstaat erhält so viele Abgeordnete im Repräsentantenhaus, wie ihm gemäß seiner Einwohnerzahl zustehen (mindestens jedoch einen). Ein Abgeordneter vertritt aktuell im Durchschnitt ca. 740.000 Bürger*innen. Bei dieser Wahl gilt das sogenannte relative Mehrheitswahlrecht („plurality vote“ oder auch „first past the post“ genannt), bei dem das gesamte Wahlgebiet in so viele Wahlkreise unterteilt wird, wie Abgeordnete zu wählen sind. Jeder Wähler vergibt eine Stimme und der stimmenstärkste Kandidat zieht ins Repräsentantenhaus ein. Die Stimmen für den unterlegenen Kandidaten gehen verloren. Dadurch macht nicht zwangsläufig der Kandidat mit den meisten Stimmen das Rennen um das Präsidentenamt.

 

Das Electoral College gibt seine Stimme dem Kandidaten mit den meisten Stimmen im jeweiligen Einzelstaat. Damit kann ein Kandidat zwar mehr Stimmen des Volkes bekommen, aber dennoch keine Mehrheit im College erlangen. Dies war z. B. 2016 der Fall, als Hillary Clinton 48,2 % der Gesamtstimmen erhielt, Donald Trump jedoch nur 46,1 %. Clinton hatte einen Vorsprung von fast 2,9 Millionen Stimmen und verlor dennoch die Wahl.

Wer macht mehr Schulden?

Sollten die Demokraten im Herbst erneut den Präsidenten stellen, ist mit deutlich höheren Sozialausgaben sowie höheren Reichen- und Unternehmenssteuern zu rechnen. Während sich Republikaner und Demokraten beim Thema Protektionismus weitgehend einig sind, unterscheiden sie sich darin, wie viel Vertrauen sie in staatliche Lösungen setzen. Die Demokraten sind überwiegend der Meinung, dass dem Staat eine stärkere Rolle in der Wirtschaft zukommen sollte.

 

Hinsichtlich der steigenden US-Staatsschulden haben wir uns gefragt, unter welcher Regierungspartei in der Vergangenheit mehr Schulden angehäuft wurden. Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der US-Staatsschulden bzw. auf die Summe aller ausstehenden US-Staatsanleihen (siehe Grafik), zeigt sich, dass die Parteizugehörigkeit des Präsidenten nicht so ausschlaggebend zu sein scheint wie die Kontrolle über Senat und Repräsentantenhaus, die zusammengenommen als Kongress bezeichnet werden. In diesem Fall gelingt es der regierenden Partei einfacher, Ausgabenpakete durchzuwinken.

 

In Zeiten eines geteilten Kongresses, als der Senat von einer Partei dominiert wurde, das Repräsentantenhaus aber von der anderen, stieg die Verschuldung z. T. deutlich langsamer an als in Zeiten, in denen der Kongress geeint war und von einer Partei – die gleichzeitig den Präsidenten stellte – kontrolliert wurde. Diese Erkenntnis darf aber nicht überinterpretiert werden, da oft wirtschaftliche Umstände einen viel höheren Einfluss auf die Verschuldung haben. Konjunkturprogramme nach dem 2. Weltkrieg, während der Finanzkrise 2008 oder 2020 nach Ausbruch des Coronavirus sind nur drei Beispiele, in denen die Aufnahme neuer Schulden zur Stützung der Wirtschaft unbedingt notwendig war – unabhängig von der Parteizugehörigkeit des Präsidenten bzw. der Kontrolle des Kongresses.

 

Höhere Neuverschuldung in Zeiten eines geeinten Kongresses

 

Quellen: Bloomberg, BTV; Stand: 12.06.2024

 

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