Federal Reserve

Die Notenbanken sind für die Geldpolitik und die Funktionsfähigkeit des Geldwesens zuständig, weshalb ihre Entscheidungen in Zeiten hoher Inflation besonders ausschlaggebend sind. Zum Auftakt unserer neuen Wissensreihe „Notenbanken und Zinsen“ widmen wir uns der US-Notenbank Federal Reserve.

Außenansicht von der US-Notenbank Federal Reserve

US-Notenbank reagiert auf hohe Inflation

Die schnell gestiegenen Inflationsraten haben Notenbanken rund um den Globus zu Ankündigungen einer restriktiveren Geldpolitik veranlasst. Diese gilt es allerdings mit Bedacht umzusetzen, denn höhere Zinsen bekämpfen zwar die Inflation, würgen aber gleichzeitig auch das Wirtschaftswachstum ab. Als sich im vergangenen Jahr bereits eine stärker steigende Inflation in den USA abzeichnete, wurde noch diskutiert, ob höhere Zinsen die Inflation effektiv eindämmen können, da die anziehenden Preise externen Schocks zuzuschreiben sind (Pandemie, Krieg in der Ukraine).

 

Allerdings ist die gestiegene Inflation mittlerweile in der Realwirtschaft angekommen. Das heißt, dass nicht nur die Preise für Industriegüter sowie Dienstleistungen spürbar angestiegen sind, sondern sich auch die Lohnkosten und Immobilienpreise erhöht haben. Im aktuellen Umfeld ist eine restriktivere Geldpolitik daher unumgänglich. Die US-Notenbank zeigt sich wie bereits in vergangenen Wirtschaftszyklen als Vorreiter einer restriktiveren Geldpolitik.

Zügige US-Leitzinsanstiege erwartet

Nach BTV Einschätzung wird die US-Notenbank Fed die Leitzinsen in diesem Jahr tendenziell stärker ansteigen lassen, um der hohen Inflation möglichst schnell und effizient entgegenzutreten. Im nächsten Jahr wird dann nach Bedarf weiter erhöht. In ihrer letzten Sitzung Mitte Juni hat die Fed den Leitzins stärker als im Mai angekündigt um 75 Basispunkte auf die Bandbreite von 1,50 % bis 1,75 % erhöht.

Der Grund für den stärkeren Anstieg ist die über den Erwartungen liegende Inflationsrate von 8,6 % sowie gestiegene Inflationserwartungen der Konsumenten. Notenbankchef J. Powell hat sich für die Sitzung im Juli die Möglichkeit offen gehalten, einen weiteren Zinsschritt in dieser Größenordnung zu setzen. Die Währungshüter sehen den Leitzins zu Jahresende bei 3,4 % und Ende 2023 bei 3,8 %.

US-Leitzins von 3,6 % bis Jahresende erwartet

Wie in der Grafik ersichtlich, preist der Finanzmarkt aktuell sogar etwas stärkere Zinserhöhungen bis Jahresende ein. Ende 2022 sollte der US-Leitzins laut den Markterwartungen bei 3,6 % liegen. In der BTV gehen wir davon aus, dass die Fed ihrer aktuellen Leitzinsprognose treu bleibt, wobei sich das Risiko, dass es aufgrund der hohen Inflation zu stärkeren Zinsanstiegen kommt, erhöht hat.

  • Quelle: Bloomberg; Stand: 17.06.2022. Bei Prognosen und Schätzungen über die zukünftige Entwicklung handelt es sich lediglich um unverbindliche Werte. Von diesen kann nicht auf die tatsächliche künftige Wertentwicklung geschlossen werden, weil zukünftige Entwicklungen des Kapitalmarktes nicht im Voraus zu bestimmen sind.

Aufbau der Fed im Vergleich zur EZB

Bereits in vergangenen Konjunkturzyklen zeigte sich die Fed wendiger und aktiver in Sachen Geldpolitik als die EZB. Das Staatsgebiet der USA ist zwar auch in zwölf sogenannte „Federal Reserve Districts“ mit jeweils einer Federal Reserve Bank als Notenbank unterteilt, aber dennoch zeigt sich die Fed entscheidungsfreudiger als die EZB mit ihren 19 nationalen Zentralbanken. Dies ist nicht nur der Tatsache geschuldet, dass in einer einzigen Volkswirtschaft mehr Einigkeit herrscht als in 19 unterschiedlichen Staaten, sondern auch dem Umstand, dass Europas Volkswirtschaften unterschiedliche Ausprägungen, Wirtschaftsleistungen und geldpolitische Bedürfnisse aufweisen.

 

Ein weiterer Unterschied zwischen den zwei großen Zentralbanken ist, dass die zwölf regionalen Fed-Banken rund 3.000 privaten Banken gehören. Anders als bei der EZB sind damit nicht die nationalen Zentralbanken, sondern private Banken Eigentümer der Fed.

 

Nicht nur der Aufbau der Zentralbanken, sondern auch deren Ziele unterscheiden sich etwas. Die Hauptaufgaben der Fed und der EZB sind es, ein funktionierendes Zahlungssystem zu garantieren und die Bargeldversorgung zu kontrollieren. Anders als bei der EZB ist das vorrangige Ziel der Fed aber nicht allein die Inflation auf Zielniveau von 2 % zu halten, sondern mit der Leitzinspolitik auch das Wirtschaftswachstum zu unterstützen und damit für einen hohen Beschäftigungsgrad zu sorgen.

In unserer nächsten Ausgabe der Wissensreihe „Notenbanken und Zinsen“ lesen Sie mehr zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und deren Besonderheiten.

  • Die in diesem Beitrag verwendeten Fach- und Finanzbegriffe werden unter btv.at/glossar ausführlich erklärt.

    Quelle: BTV; Stand: 17.06.2022. Die Beiträge in dieser Publikation dienen lediglich der Information. Die BTV prüft ihr Informationsangebot sorgfältig. Dennoch bitten wir um Verständnis, dass wir diese Informationen ohne Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität zur Verfügung stellen. Verleger und Verfasser behalten sich einen Irrtum, insbesondere in Bezug auf Kurse und andere Zahlenangaben, ausdrücklich vor. Durch neue Entwicklungen oder kurzfristige Änderungen können diese Informationen daher bereits überholt sein. Bei Prognosen und Schätzungen über die zukünftige Entwicklung handelt es sich lediglich um unverbindliche Werte. Von diesen kann nicht auf die tatsächliche künftige Wertentwicklung geschlossen werden, weil zukünftige Entwicklungen des Kapitalmarktes nicht im Voraus zu bestimmen sind. Bei diesen Informationen handelt es sich um keine individuelle Anlageempfehlung, kein Angebot zur Zeichnung bzw. zum Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Bitte beachte Sie, dass ein Investment mit Risiken verbunden ist.