Schweizer Nationalbank
Die Notenbanken sind für die Geldpolitik und die Funktionsfähigkeit des Geldwesens zuständig, weshalb ihre Entscheidungen in Zeiten hoher Inflation besonders ausschlaggebend sind. Das aktuelle Umfeld hat globale Notenbanken zu schnellem Handeln veranlasst, allerdings ist hier Fingerspitzengefühl angebracht. Die Schweizer Nationalbank muss aufgrund des geringeren Inflationsdrucks allerdings nicht so stark an den Zinsschraube drehen. In der aktuellen Ausgabe unserer Wissensreihe „Notenbanken und Zinsen“ widmen wir uns der Schweizer Notenbank.
SNB mit vergleichsweise geringem Zins
Die globalen Notenbanken befinden sich im Kampf gegen die Inflation und haben in den vergangenen Monaten kräftig an der Zinsschraube gedreht. Die Schweizer Notenbank sieht sich hier allerdings weniger stark zu restriktiven Schritten gezwungen, nachdem die Verbraucherpreise in der Schweiz gegenüber dem Vorjahr nur um 3,0 % angestiegen sind. Im Vergleich dazu müssen sich die US-Notenbank Fed sowie die EZB deutlich höheren Inflationsraten von 7,7 % bzw. 10,0 % stellen. Damit hat es die SNB deutlich leichter, denn sie muss nicht so viele Zinsschritte setzen, um die Inflation einzudämmen und würgt damit auch die Wirtschaftsleistung nicht so stark ab.
Geringerer Inflationsdruck in der Schweiz
Die Schweiz liegt zwar ebenfalls in Europa, ist aber deutlich weniger von der Inflation betroffen als die Eurozone, wofür es mehrere Gründe gibt. Am wichtigsten ist hierbei die Energiekomponente. Auch wenn die Energiepreise rund um den Globus angestiegen sind, wirkt sich dies weniger stark auf die Inflation in der Schweiz aus. Denn zum einen machen die Energieausgaben im Warenkorb der Schweizer Haushalte ein geringeres Gewicht aus als andernorts. Und zum anderen wird in der Schweiz in der Stromgewinnung weniger auf Öl und Gas, sondern fast ausschließlich auf Wasser- und Atomkraft gesetzt. Neben den Energiepreisen blieben auch Lebensmittel und Agrarprodukte von den starken Preisanstiegen verschont. Durch protektionistische Maßnahmen der Schweiz, das bedeutet Importzölle auf Lebensmittel und Agrarprodukte, sind die Schweizer Preise von der Entwicklung auf dem Weltmarkt abgekoppelt. Sind ausländische Lebensmittel, die auch im Inland hergestellt werden, zu billig, sorgt ein hoher Importzoll dafür, dass die Preise auf das höhere Schweizer Niveau angehoben wer-den, um heimische Betriebe vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Das bedeutet, die Preise sind zwar im aktuell schwierigen Umfeld stabiler, dafür ist das Preisniveau in der Schweiz aber generell höher.
Inflation in der Schweiz deutlich tiefer
Als letzter Punkt lässt sich noch der starke Franken anführen, der die Inflation tief hält. Durch eine starke Währung sind Importe aus dem Ausland vergleichsweise billig, was wiederum einer hohen Inflation entgegenwirkt. Diese drei Faktoren werden auch weiterhin dafür sorgen, dass der Inflationsdruck begrenzt und die Inflation in der Schweiz deutlich unter den Niveaus in den USA oder der Eurozone bleibt.
Quelle: Bloomberg; Stand: 26.09.2022.
SNB mit weniger Handlungsbedarf
Die SNB hat den Leitzins im Jahr 2022 bisher in drei Schritten um 175 Basispunkte von –0,75 % auf 1,0 % angehoben. In der BTV erwarten wir, wenn überhaupt, nur einen kleinen weiteren Zinsschritt im Umfang von 25 bis 50 Basispunkten im nächsten Jahr. Damit hat sich die SNB den restriktiven Maßnahmen der großen Notenbanken zwar angeschlossen, das Ausmaß bleibt aber um ein Vielfaches geringer. Dafür spricht, wie oben beschrieben, das tiefere Inflationsniveau. Das leicht höhere Zinsniveau macht aber auch in der Schweiz Sinn. Und zwar zum einen, um die „verkehrte Welt“ des Niedrigzinsumfelds zu beenden. Zum anderen, um einen zu großen Zinsunterschied zu anderen großen Reservewährungen wie dem Euro oder dem US-Dollar zu verhindern, was auf die Franken-Stärke drücken könnte.
Aufbau und Organisation
Die Schweizer Nationalbank ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft des Bundesrechts und wird daher unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes nach den Vorschriften des Nationalbankgesetzes verwaltet. Die Aktien der Nationalbank sind zu rund 55 % im Besitz der öffentlichen Hand (Kantone, Kantonalbanken usw.). Die übrigen Aktien befinden sich größtenteils im Besitz von Privatpersonen.
Die Unabhängigkeit der Schweizer Nationalbank ist sowohl auf funktioneller als auch auf finanzieller Ebene in der Verfassung verankert. Damit dies gewährleistet bleibt, wird die Schweizer Notenbank von drei Organen geführt:
- Direktorium: Das oberste geschäftsleitende und ausführende Organ der Nationalbank ist das Direktorium. Es ist zuständig für die Geld- und Währungspolitik, die Anlagestrategie der Aktiva und für die internationale Währungszusammenarbeit.
- Erweitertes Direktorium: Das Erweiterte Direktorium besteht aus den drei Mitgliedern des Direktoriums und ihren drei Stellvertretern. Es ist zuständig für die operativ-betriebliche Führung der Nationalbank.
- Bankrat: Der Bankrat beaufsichtigt und kontrolliert die Geschäftsführung der Nationalbank. Er besteht aus 11 Mitgliedern. Die Mitglieder des Direktoriums und die Stellvertreter werden auf Vorschlag des Bankrats vom Bundesrat für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt.
Ziele und Aufgaben
Die SNB ist als Zentralbank keine gewöhnliche Bank, sondern führt die Geldpolitik der Schweiz. Ihr Hauptziel ist, analog zur EZB, die Stabilität des Preisniveaus. Das heißt, es sollen große Schwankungen des Geldwertes vermieden und die Inflation nahe dem Ziel von 2 % gehalten werden. Ihr zweites wichtiges Ziel ist die ausgeglichene konjunkturelle Entwicklung und die Vermeidung einer Rezession. Die SNB verfolgt diese Ziele, indem der Leitzins und damit der Preis für verliehenes Geld erhöht oder gesenkt wird. Um die monetären Bedingungen zu beeinflussen, ist die Nationalbank bei Bedarf auch am Devisenmarkt aktiv.
In unserer nächsten Ausgabe der Wissensreihe „Notenbanken und Zinsen“ lesen Sie mehr zur Bank of Japan und deren Besonderheiten.
Zum Weiterlesen
Notenbanken und Zinsen
Europäische Zentralbank
Im vorigen Teil unserer Wissensreihe „Notenbanken und Zinsen“ widmeten wir uns der Europäischen Zentralbank.
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Die in diesem Beitrag verwendeten Fach- und Finanzbegriffe werden unter btv.at/glossar ausführlich erklärt.
Quelle: BTV; Stand: 12.12.2022. Die Beiträge in dieser Publikation dienen lediglich der Information. Die BTV prüft ihr Informationsangebot sorgfältig. Dennoch bitten wir um Verständnis, dass wir diese Informationen ohne Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität zur Verfügung stellen. Verleger und Verfasser behalten sich einen Irrtum, insbesondere in Bezug auf Kurse und andere Zahlenangaben, ausdrücklich vor. Durch neue Entwicklungen oder kurzfristige Änderungen können diese Informationen daher bereits überholt sein. Bei Prognosen und Schätzungen über die zukünftige Entwicklung handelt es sich lediglich um unverbindliche Werte.